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Erkenntnisse einer Klassenfahrt

In der vergangenen Woche war ich mit der dritten Klasse unserer „Großen“ auf Klassenfahrt. Ziel der 25 Kinder (die meisten 9 Jahre alt) und zwei Begleiter (die Klassenlehrerin und ich) war die nordfriesische Insel Amrum. Wir hatten traumhaftes Wetter, eine tolle Unterkunft (das Schullandheim „Honigparadies“ in Nebel kann ich sehr empfehlen) und konnten viel erleben. Für mich war es spannend zu sehen, welche Parallelen man zum Projektgeschäft ziehen kann.

Als wir am zweiten Tag unsere Fahrräder bestiegen, um zum Leuchtturm zu fahren, da kam ich mir vor wie der sprichwörtliche Scrum-Schäferhund: Wachsam zwischen den Kindern herumlaufend und darauf achtend, dass alle eine warme Jacke und Hose tragen und einen Fahrradhelm auf dem Kopf haben. Alle Fahrradschlüssel dabei? Rucksäcke mit Proviant und Getränk gepackt? Noch mal durchzählen – und los. Während der Fahrradtouren war es meine Aufgabe, Hindernisse zu beseitigen, die sich uns in Form abgesprungener Fahrradketten, klemmender Gangschaltungen oder einem verlorenen Fahrradschlüssel in den Weg stellten. Das Impediment Backlog war lang und füllte sich immer plötzlich und unerwartet.

Ich hatte gemeinsam mit den elf Jungs dieser Klasse ein eigenes Häuschen bezogen. Hier galt es, aus den verschiedenen Charakteren, die sich in den Vierbettzimmern zu Wohngemeinschaften zusammengefunden hatten, kleine Teams zu formen. Anreiz war die morgendliche Zimmerkontrolle, bei der man Smileys sammeln konnte, die am Ende der Reise mit kleinen Geschenken belohnt wurden. Es war faszinierend zu beobachten, wie gut die Selbstorganisation in diesen Gruppen funktionierte. Immer dann, wenn es darauf ankam, standen alle füreinander ein und zogen am selben Strang. Insbesondere gab es keine festen Cliquen: abhängig vom Spiel (Tischtennis, Fußball oder Star-Wars-Rollenspiele) fanden sich immer andere Kinder zusammen. Deshalb musste ich nur ab und zu kleine Impulse geben und konnte mich ansonsten auf die Rolle des Schäferhunds beschränken.

Eine Überraschung gab es am letzten Abend. Nach einer großartigen Süßigkeiten-Orgie fragte die Klassenlehrerin (ohne mein Zutun!) in die Runde, was ihren Schülern auf dieser Klassenfahrt gut gefallen habe, und was man das nächste Mal besser machen sollte. Nach einer kurzen Bedenkzeit kamen die ersten wohl überlegten Antworten. Diese Retrospektive lief so ruhig und besonnen ab, dass ich sie am liebsten aufgezeichnet und dem einen oder anderen Projekt als positives Beispiel präsentiert hätte.

Als dann am Samstag der Bus vor der Schule hielt und die Eltern ihre Lieblinge endlich wieder in die Arme schließen konnten, da spürte ich eine positive Erschöpfung, die weniger auf den Schlafmangel zurückzuführen war, als vielmehr auf die Tatsache, dass in diesem Moment eine große Verantwortung von mir genommen wurde. Ein tolles Gefühl, wenn man Verantwortung förmlich spüren kann. Und ein schönes Gefühl, wenn man 25 Kindern fünf Tage lang als Ansprechpartner für alle Fragen zur Verfügung steht und weiß, das dieses Gefühl der Sicherheit dafür sorgt, dass auch die Ängstlicheren diese Tage voll genießen können. Respekt und Anerkennung gebührt der Klassenlehrerin, stellvertretend für alle Lehrerinnen und Lehrer. Sie alle leisten mit ihrem Einsatz für unsere Kinder einen großen Beitrag für unser aller Zukunft.