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Taskboard-Taktik

Mein Kollege Rolf Dräther hat in seinem Blogbeitrag „Mit Herz und Hand“ eine Lanze für haptische Planungstools gebrochen. Auch ich bevorzuge Papier und Filzstift. Neulich habe ich erleben dürfen, dass man auch mit diesen einfachen Planungsmitteln suboptimal umgehen kann.

Das Taskboard, mit dem ich in einem Projekt arbeitete, war auf einer einzigen Moderationswand untergebracht. Das Projektteam hatte festgestellt, dass es eigentlich mehr Platz bräuchte. Eine zweite Moderationswand war bereits bestellt, aber die organisatorischen Mühlen des Unternehmens mahlten behäbig. So arrangierte sich das Team mit dem verfügbaren Platz. Wenn im Sprint Planning II die Tasks „geboren“ wurden und auf dem Taskboard ihren Platz suchten, landeten sie gestapelt auf der Storycard „ihrer“ User Story:

User Story mit gestapelten Tasks

Der Sprint begann, die Tasks wanderten beim Daily Scrum in die Spalte „In Progress“ und später in „Done“. Soweit, so gut. Dann passierte es aber immer wieder, dass beim Daily Scrum ein Teammitglied den Task-Stapel durchblätterte und überrascht ausrief: „Ach – das müssen wir ja auch noch machen!“ Unruhe und Hektik waren die Folge – und das ungute Gefühl, täglich mit neuen Überraschungen konfrontiert zu werden. Zum Glück nahte die Rettung in Form einer zweiten Moderationswand. Wir verschoben die Spalten „In Progress“ und „Done“ auf die neue Wand und hatten nun ausreichend Platz, um die Tasks nebeneinander zu platzieren:

User Story mit einzeln platzierten Tasks

Endlich hatten wir den Überblick, wie viel (und welche) Arbeit wir in diesem Sprint noch vor uns hatten. Das Daily Scrum wurde kürzer, weil das Blättern in den Taskstapeln entfiel. Alle fühlten sich besser informiert und merklich wohler.

Die Moral von der Geschicht‘? Haptische Planungstools sind kein Garant für Transparenz. Sie vermitteln das Gefühl, alles im Blick (und somit im Griff) zu haben, aber dieses Gefühl kann täuschen. Da hilft nur eines: aufmerksam bleiben, kritisch mit den verwendeten Prinzipien und Praktiken auseinandersetzen und die notwendigen Maßnahmen einleiten.

Wer nun anmerkt, dass ein Task Burndown Chart auch zu Zeiten des „kleinen“ Taskboards den nötigen Überblick über die noch anstehenden Aufgaben gewährt hätte, der hat natürlich Recht. Tatsächlich haben wir ein solches Burndown Chart erstellt und am Taskboard präsentiert (ja, dafür haben wir tatsächlich noch Platz gefunden!). Allerdings fällt der Burndown-Graph nicht so sehr ins Auge wie ein grüner Post-it-Blätterwald. Außerdem gibt das Burndown Chart nur Auskuft darüber, wie viele Tasks noch zu erledigen sind. Deren Inhalt bleibt verborgen. Wie gut, dass wir den Inhalt der Tasks jetzt dauerhaft zum Vorschein gebracht haben.