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Agil Konferenz

JAX Agile Day: Tempo, Thesen, Temenos

300 Menschen, mehrheitlich Softwareentwickler, erzählen einander ihre berufliche Lebensgeschichte: warum sie ihren heutigen Beruf gewählt haben, wo sie heute stehen, und wohin sie sich entwickeln möchten. Klingt unglaublich. Ist aber passiert. Auf dem Agile Day der JAX.

Christine Neidhardt und Olaf Lewitz haben Temenos (griech. geschützter Raum) nach Deutschland gebracht. Diese Methode schafft Raum für Vertrauen, gegenseitiges Verständnis und eine „Wir“-Kultur in Gruppen – so auch in Softwareentwicklungsteams. Die Kurzform dieser Methode ist das Speed-Temenos, das Christine und Olaf mit der Unterstützung von 20 Facilitatoren (zu denen auch ich gehörte) auf dem Agile Day der JAX durchgeführt haben.

Erzähl‘ doch mal!

Kerntechnik der Methode ist das Storytelling. In Gruppen von jeweils fünf Personen wurden nacheinander alle drei Phasen des Temenos durchgeführt:

  • Influence Maps (Vergangenheit): Was hat mich beeinflusst? Wie bin ich geworden, wer ich bin?
  • Clean Slate (Gegenwart): Wie bin ich erfolgreich? Wie sabotiere ich meinen Erfolg?
  • Personal Vision (Zukunft): Wer und wie möchte ich sein?

Trotz des Fokus auf das Berufsleben wurde es ziemlich persönlich. Vielleicht war das der Grund, warum die Teilnehmer an allen Tischen eng aneinander rückten, um sich wie am Lagerfeuer ihre Geschichten zu erzählen. Das war für Teilnehmer und Außenstehende (Facilitatoren) gleichermaßen ein bewegendes Erlebnis.

Temenos_JAX2014

Von der Retrospektive zu den Anonymen Kontrollettis

Aber auch sonst hatte der Agile Day viel zu bieten: Den Vortragsreigen eröffnete Judith Andresen. Ihr Augenmerk lag auf den Voraussetzungen und Zutaten für erfolgreiche Retrospektiven. Kurt Jäger stieg von der Teamperspektive steil hinauf bis zu einer Flughöhe, von der aus das Unternehmen als Ganzes betrachtet und auf seine Agilität hin untersucht werden konnte. Wieder einmal wurde deutlich, dass die agile Transformation eines Unternehmens ein Kraftakt ist, und dass man sich vorher genau überlegen muss, welche Bereiche eines Unternehmens überhaupt davon profitieren. Thematisch ähnlich, wenngleich deutlich konkreter gab Arne Roock alias „Dr. Rock“ Einblicke in die agile Arbeitsweise bei Jimdo. Er zeigte, dass Agil auch dann noch funktioniert, wenn ein Unternehmen an der 200-Mitarbeiter-Schwelle steht. Allerdings hat sich das Jimdo-Team einiges einfallen lassen, damit die agile Denk- und Arbeitsweise skaliert. Tamara Nation offerierte schließlich ein Entzugsprogramm für Manager, die dem Command and Control verfallen sind. Abgesehen von der launigen Anlehnung an das 12-Schritte-Programm der Anonymen Alkoholiker hatte der Vortrag nichts zu bieten, was nicht schon zuvor über den Erfolg agiler Methoden gesagt worden war. Dass Werte und Vertrauen die Basis bilden, hat sich ja mittlerweile herumgesprochen.

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Das Programm der Pecha-Kucha-Kurzvorträge war bunt und stark. Von der Komplexität beim Schätzen über den Kitt, der selbstorganisierte Teams ins Laufen bringt, Freiheit, Sicherheit und Unterdrückung bis hin zum Märchen vom Scrum-Monster reichte die Bandbreite. Da zwei Kurzvorträge ausfallen mussten, sprangen Martin Klose und ich spontan ein und erzählten über Code Retreats und agile Feuerwehrleute.

Ich habe das Gefühl, dass der Agile Day den meisten Teilnehmern gefallen hat. Morgen beginnt der technische Teil der JAX – da kann ein Häppchen frisch erlebtes agiles Gedankengut nicht schaden…