Zum ersten Mal fanden die XP Days Germany in Baden-Württembergs Landeshauptstadt Stuttgart statt. Und dann auch noch im Oktober. Die Folge: Veränderungen – aber das ist für Agilisten nichts Ungewöhnliches.Als der Fachbeirat zur Konferenzeröffnung am Donnerstagmorgen fragte, wer zum ersten Mal auf den XP Days ist, meldeten sich ungewöhnlich viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Erstaunlich, was ein Ortswechsel aus dem weniger als 80 Kilometer entfernten Karlsruhe bewirken kann. Den Neulingen, aber auch den „Wiederholungstätern“ wurde ein abwechslungsreiches Programm geboten. Mehr als einmal hörte ich den folgenden Dialog: „Und – wohin gehst du jetzt?“ „Weiß ich nicht – ich kann mich nicht entscheiden. Es sind einfach zu viele gute Sessions!“ Ein Luxusproblem, das den eifrigen Reviewern zu verdanken ist, die in einem offenen Prozess die Einreichungen bewertet haben. Der Fachbeirat hatte anschließend die Qual der Wahl, daraus ein Programm zusammenzustellen.
Neues und Bewährtes
Das Haus der Wirtschaft erwies sich als angenehmer Veranstaltungsort mit viel Platz – solange man sich an die strengen Hausregeln hielt. Tische und Bestuhlung mussten an Ort und Stelle bleiben. Das vertrug sich nicht immer mit der Agilität einiger Sessions. Hier war Flexibilität gefragt – kein Problem für die agilen Softwareentwickler.
Neben zahlreichen Vorträgen und zwei Keynotes gab es auch in diesem Jahr wieder viele Workshops und einen Open Space am Donnerstagnachmittag. Als thematische Klammer hat das Motto der XP Days „Offene Konferenz für Agile Softwareentwicklung und Extreme Programming mit Fokus auf Entwicklerthemen“ wieder gut funktioniert. Die Möglichkeit, nach Belieben zwischen technischen Themen und Organisationsaspekten wechseln zu können, wurde gut angenommen.
Beim Open Space gab’s die nächste Überraschung: Die Hälfte der Teilnehmer hatte zuvor noch nie mit diesem Format gearbeitet. Dementsprechend dauerte es ein wenig, bis die Marktplatzwand gut gefüllt war. Die anschließenden Diskussionsrunden waren aber sehr gut besucht – so gut, dass niemand das parallel angebotene Lean Coffee(tm) nutzte.
Keynotes
In der Keynote am Donnerstag zeigte Oliver Emmler, wie er agile Methoden in der humanitären Hilfe nach dem Erdbeben in Nepal im Jahr 2015 genutzt hat. Der Einblick in die ehrenamtliche Katastrophenhilfe war sehr inspirierend. Ich habe höchsten Respekt vor allen, die sich nur wenige Stunden nach Erhalt einer Alarmierungs-SMS in ein Flugzeug setzen und um die halbe Welt fliegen, um Menschen in größter Not zu helfen.
Einen Flug um die halbe Welt hatte auch Bernd Schiffer hinter sich. 39 Stunden war er von Melbourne nach Stuttgart unterwegs, um in seiner Keynote einen Blick auf die Agilität im Wandel der Zeiten und Kulturen zu werfen. Bernd ist 2001 zum ersten Mal mit agilem Gedankengut in Berührung gekommen, war später eine treibende Kraft hinter den XP Days und ist 2012 gemeinsam mit seiner Frau nach Australien ausgewandert. Dort arbeitet er als freiberuflicher Berater, Trainer und Coach. Leben und Arbeiten in Australien ist in vielerlei Hinsicht anders, wie Bernd unterhaltsam berichtete. Aber egal, auf welcher Seite der Erdhalbkugel man sich befindet: „Agilität ist nicht die Lösung“, so Bernd, sondern nur eine Betrachtungsweise, die für viele (aber nicht alle) Lebenslagen hilfreich ist. Es wäre schön, wenn sich diese Erkenntnis nicht vornehmlich auf agilen Konferenzen durchsetzte.
Community Day
Der abschließende Community Day war nicht so gut besucht wie in den Jahren zuvor, aber es bewahrheitete sich wieder einmal die Open-Space-Regel „Diejenigen, die da sind, sind genau die Richtigen“. Von psychologischer Sicherheit in Teams über IT-Sicherheit bis hin zu Visual Facilitation reichte der Blumenstrauß an Themen. Der Tag verging wie im Flug, und schon standen Rolf Dräther und ich wieder am Bahnhof, um die Rückreise nach Hamburg anzutreten. Sturmtief Xavier versuchte noch kurz, uns zu ärgern, aber das wollte ihm nicht gelingen.
Nächstes Jahr gibt’s wieder ein Heimspiel: Vom 8. bis zum 10. November 2018 finden die XP Days in Hamburg statt. Save the Date!
Sketchnotes
Ich habe mich wieder einmal im Sketchnoting versucht. Anbei die Ergebnisse der von mir besuchten Sessions.
Kristina Müller, Vanessa Englert: Starting in a team – Auftragsklärung, Mandat und Analyse
Marc Löffler: Warum das Skalieren von Scrum das Letzte ist, was Du tun solltest!
Oliver Emmler: Agile Methoden im Katastropheneinsatz
Bernd Schiffer: Agilität im Wandel der Zeit und der Kulturen